Zur Frage der Einkünfteerzielungsabsicht bei einer nach Eintritt in den Ruhestand aufgenommenen Tätigkeit als Rechtsanwalt
Sachverhalt
Im Streitfall ging es um einen ehemaligen Ministerialbeamten, der nach dem Eintritt in den Ruhestand im Alter von 65 Jahren eine selbstständige Tätigkeit als Rechtsanwalt aufgenommen hatte. In den folgenden 15 Jahren erzielte er nur in zwei Jahren Gewinne, im Übrigen jedoch erhebliche Verluste.
Das Finanzamt erkannte die geltend gemachten Verluste wegen fehlender Einkünfteerzielungsabsicht nicht an. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren wies auch das FG Berlin-Brandenburg die Klage ab.
Entscheidung
Das FG entschied, dass das Finanzamt aufgrund der nachfolgend festgestellten Umstände die Einkünfteerzielungsabsicht zu Recht verneint hatte:
- Der Steuerpflichtige hatte keine erfolgversprechenden Maßnahmen zur Herstellung und Steigerung der Rentabilität des Betriebs ergriffen, etwa durch eine deutliche Erhöhung der Betriebseinnahmen infolge der Übernahme einer größeren Zahl von Mandaten oder durch die Ausweitung auf andere als die bislang angebotenen Rechtsgebiete.
- Die selbstständige Tätigkeit wurde nicht hauptberuflich und nicht in gesondert angemieteten Räumlichkeiten, sondern regelmäßig in den vom Rechtsanwalt selbst bewohnten Wohnungen ausgeübt.
- Es wurde kein Personal beschäftigt.
- Die Verluste aus der Anwaltstätigkeit konnten mit anderen Einkünften (Pension, Vermietungseinkünfte, Kapitaleinkünfte) verrechnet werden und dienten damit der Steuerersparnis.
- Für den Steuerpflichtigen stand nicht das Streben nach einem Totalgewinn im Vordergrund, sondern persönliche Motive für die Führung bzw. Fortführung des Unternehmens, insbesondere das Bedürfnis, nach der Pensionierung weiterhin einer anspruchsvollen und anerkannten Tätigkeit nachzugehen.
- Angesichts seines fortgeschrittenen Alters (82 Jahre) war davon auszugehen, dass er seine anwaltliche Tätigkeit nicht mehr über einen längeren Zeitraum würde ausüben können und die aufgelaufenen Verluste nicht mehr durch Gewinne ausgleichen würde.
FUNDSTELLE
- FG Berlin-Brandenburg 5.6.25, 9 K 9119/23, de/astw, Abruf-Nr. 251026